Ein Jugendstück von Beathe Haeckl
Ein Stück, zwei Bühnen
So hat man den Flörsheimer Keller auch noch nicht gesehen. Vor der Bühne stehen mehrere Stuhlreihen laufstegartig aufgebaut: Sie bilden einen Gang in der Mitte und die Zuschauer gucken sich gegenseitig an. Hintergrund ist die spontane, an den Keller angepasste, Bühnenaufteilung des Jugendstückes „Götter wie du und ich“. Die eigentliche Bühne dient als „Erde“ und die mit rotem Samt verzierte Treppe stellt den „Olymp“ dar. Die Zuschauer können durch Ihre Sitzposition das Geschehen in beiden Welten verfolgen.
Durch die besonderen Umstände der Aufführung herrscht familiäre Atmosphäre. Familien- und Vereinsmitglieder sind den letzten Vorbereitungen bis zur Aufführung so nah, wie noch nie und so können die Kostüme schon vor Aufführungsbeginn bestaunt werden. Luzia Platt begrüßt in olympischer Robe, die sie ihrer spontan besetzten Rolle als Hera verdankt, die Zuschauer. Zeitmangel, private Herausforderungen und die kurzfristige Adaption des Stückes an einen komplett anderen Spielort mit doppelt so vielen Bühnen wie gewohnt, waren nur ein paar der Herausforderungen, die es bei der Arbeit an diesem letzten Jugendstück zu bewältigen gab. Umso wertvoller ist es, dass der geleisteten Arbeit nun ein würdevolles Ende zukommt.
Worum geht es?
Was tut man als olympischer Göttervater, wenn die Welt einen nicht mehr ehrt und man Gefahr läuft auf der „Müllhalde der Mythologie“ zu landen? Wie ist es möglich, die ständigen Familienstreitigkeiten zu beenden und sich Arroganz und Eitel zu widersetzen? Und welche Aufgabe kommt dem überheblichen, leicht schwerhörigen Zeus selbst zu, der sich mit seinen romantischen Abenteuern schmückt?
Das Fernsehen muss Abhilfe schaffen, indem das Leben der Götter dokumentarisch aufbereitet und so Ruhm und Ehre wiederhergestellt werden sollen. Doch mit den Menschen gibt es die eine oder andere Schwierigkeit. Die auserwählte Ricarda Binger hält nichts von den griechischen Göttern. Ihr Herz schlägt für germanischen Götter und Lederhosen. Zum Glück trifft Hermes auf Jenny, die Ideen für eine Dokumentation braucht. Da bietet sich ein Ausflug in den Olymp gut an! Dabei steht für Jenny einiges auf dem Spiel: Sollte ihre Dokumentation erfolglos enden, winkt eine Arbeit als Assistenz für Ricarda Binger, die „Walhalla-Schnepfe“. Da gilt es, alle Register zu ziehen, um diesem Schicksal zu entkommen. Zu allem Unglück verlässt sie ihr Freund Florian. Der anpassungsfähige und nun ungebundene Florian stellt sich auf die Seite von Ricarda. Ob Jenny im Olymp weniger Probleme erwarten?
Weit gefehlt. Jennys Kamera fängt den Alltag der Götter ein, bestehend aus egozentrischen Selbstdarstellungen von Zeus, zynischen Kommentaren von Hera, besserwisserischen Statements von Pallas Athene, giftenden Anfeindungen gegenüber Zeus und Hera von Hephaistos und oberflächlichem Geplänkel über Leidenschaft und Schönheit von Aphrodite und Apoll. Und als ob dies nicht schlimm genug wäre, stiftet Ricarda Florian an, Jennys Filmmaterial zu stehlen. Hephaistos ermöglicht Florian den Zugang zum Olymp und während das bisher gefilmte Material schon auf dem Weg zur Erde ist, startet Zeus den Versuch, Jenny zu verführen. Hera erwischt ihren Gatten und Jenny wird in den Hades verbannt. Alles scheint zum Scheitern verurteilt.
Die zerstrittenen Götter müssen nun zusammenhalten und schmieden einen Plan. Der verliebte Hermes tritt an Jennys Stelle den Weg in die Schattenwelt an und Jenny kann zur Erde zurückkehren, um ihr Material zurückzubekommen. Heras Töchter können ihre Mutter überreden, dass Jenny gute Arbeit geleistet hat und Hilfe braucht. Sie unterbreiten der eifersüchtigen Hera einen Plan: Mithilfe des magischen Gürtels von Aphrodite kann Hera Zeus überzeugen, Ricarda Binger zu verführen und so Jenny bei der Rückeroberung ihres Materials zu unterstützen.
Nach einem hitzigen Hin und Her auf der Erde bekommt jeder, was er verdient: Jenny erhält ihr Filmmaterial wieder und ihre Dokumentation „Götter wie du und ich“ erfreut sich großer Beliebtheit. Hephaistos kehrt in den Olymp zurück und Hera verspricht ihrem Göttergatten, dessen körperlicher Einsatz zum Erfolg geführt hat, mehr Freiheiten. Die Geschwister vertragen sich und erkennen ihre Fehler an. Nur einer wirkt unglücklich: Hermes hält nichts mehr im Olymp. Der verliebte Götterbote lässt sich von seinem Vater sterblich machen und setzt sich mit Jenny an die nächste Episode der Dokumentation „Götter wie du und ich“.
Ein würdevolles Ende harter Arbeit
Verständnis, Zusammenhalt und ein bisschen Magie verhalfen Jenny und den Göttern zum Erfolg. Die jungen Schauspieler zeigten, wie wichtig es ist, über eigene Belange und selbstgesetzte Grenzen durch Eitelkeit und Egozentrismus hinwegzusehen, um einer großartigen Idee gemeinsam zum Erfolg zu verhelfen. Und ganz so fern aller Realität ist die Handlung des Stückes nicht. Über ein Jahr lang probten die Jugendlichen zusammen mit Luzia Platt und Edith Theimer und es wäre gelogen zu behaupten, es habe nur Proben voller Spaß und einheitlichem Ehrgeiz gegeben. Doch am Ende gelang es den Schauspielern nicht nur im Stück an einem Strang zu ziehen. Gemeinsam verhalfen sie der Idee eines Stückes zu einer glanzvollen Aufführung, die sich ihren Applaus redlich verdient hat.
Mit dem Ende des Stückes geht das Ende der Jugendgruppe einher, da nicht alle Jugendlichen beim Flörsheimer Amateurtheater bleiben. Die jungen Schauspieler, die weiterspielen wollen, werden in die Gruppe der Erwachsenen integriert und stehen auch weiterhin auf den Bühnen des FAT Flörsheims.
Besetzung
Zeus: Louis Lauck
Hera: Luzia Platt
Hermes: Jonathan Walther
Pallas Athene: Chiara Theimer
Aphrodite: Laura Pali
Apoll: Aline Eisele
Hephaistos: Jean Lauck
Artemis: Jaqueline Walther
Hebe: Emily Walther
Jenny: Katharina Klos
Ricarda Binger: Emily Walther
Florian: Marius Heinricht
Regie: Luzia Platt
Regieassistenz: Edith Theimer
Souffleuse: Edith Theimer
Maske: Monika Gentz
Technik: Karl-Heinz Platt, Hans-Joachim Schäfer